Innerhalb der menschlichen Welt kann man kaum etwas Gutes wählen, man ist immer darauf angewiesen, ein geringeres Übel zu wählen; und um feststellen zu können, welches Übel das geringere ist, sind wir gezwungen, uns auf eine Stufenleiter von Werten zu beziehen, die von den ewigen Wirklichkeiten abhängen, und das eben ist es, was “unsere Zeit” niemals tut.
Das Mittelalter ging von dem Gedanken aus, daß der Mensch böse ist, weil es sündigt, während für unser Jahrhundert der Mensch gut ist, weil es ja die Sünde gar nicht gibt, so daß böse vor allem das ist, was uns an die Sünde glauben macht. Die moderne “Menschlichkeit” will in der Überzeugung daß der Mensch gut sei, den Menschen beschützen — doch vor wem? Vor dem Menschen natürlich — aber vor welchem Menschen? Und wenn das Böse nicht vom Menschen herkommt, woher kommt es dann, da doch die Überzeugung herrscht, daß es keine Verantwortung gebe außer der menschlichen, und vor allem keine über ihr?
Schuon, Das Ewige im Vergänglichen, Otto Wilhelm Barth Verlag, 1984, pp. 153-154.